Hannah Arendt (1906 – 1975), politische Philosophin und Publizisten und Franz Kafka – was verbindet die beiden? Als Jüdin emigrierte Hannah Arendt früh aus dem nationalsozialistischen Deutschland über Genf und Paris in die USA, wo sie 1941 ankam und dort eine Anstellung als Verlegerin im Schocken Books Verlag erhielt. Hier drängte sie den Verleger Salman Schocken, der den Verlag ursprünglich 1931 in Berlin gegründet hatte und ebenfalls vor den Nationalsozialisten geflohen war, die dringliche Notwendigkeit einer Kafka-Ausgabe zu sehen und diese umzusetzen, was dann auch 1946 geschah. Max Brod gab mit Unterstützung durch Hannah Arendt die erste Gesamtausgabe der Werke von Franz Kafka im Schocken Books Verlag heraus.
Auch darüber hinaus beschäftige sich Hannah Arendt intensiv mit dem Leben und der Lektüre von Franz Kafka. Ihr profundes Wissen über Kafka und ihre Deutung seiner Werke gab sie unter anderem in drei Essay wieder, die alle im Band 3 („Sechs Essays. Die verborgene Tradition“) der kritischen Ausgabe im Wallsteinverlag veröffentlich sind. Hier schreibt sie unter anderem:
„Kafkas Welt ist zweifellos eine furchtbare Welt. Daß sie mehr als ein Albtraum ist, daß sie vielmehr strukturell der Wirklichkeit, die wir zu erleben gezwungen waren, unheimlich adäquat ist, wissen wir heute vermutlich besser als vor zwanzig Jahren. Das Großartige dieser Kunst liegt darin beschlossen, daß sie heute noch so erschütternd wirken kann wie damals, daß der Schrecken der Strafkolonie durch die Realität der Gaskammern nichts an Unmittelbarkeit eingebüßt hat.“
(Hannah Arendt in ihrem Vortrag „Franz Kafka“ am 30. Juli 1944 am Mount Holyoke College)
Insbesondere der Essay bzw. die Rede „Franz Kafka“ („Sechs Essay“, Seite 97) ist eine großartige Einführung und Würdigung in das Werk von Franz Kafka – ursprünglich zu seinem zwanzigsten Todestage verfasst.