Am 12. Juni 1924 schrieb Otto Pick in „Prager Presse“:

„Gestern wurde der deutsche Dichter Franz Kafka in Prag zu Grabe getragen. Sang- und klanglos, wie es zu geschehen pflegt, wenn ein Außenseiter der Alltagsmenschheit den menschlichen Alltag verläßt. Daß ein paar Menschen erschienen waren, in deren Herzen die Erscheinung Franz Kafkas unveränderlich weiterleben wird, und andere, die durch Konvention oder Gründe gesellschaftlicher Natur auf den sommergrünen Friedhof verschlagen worden waren, erscheint unwesentlich angesichts der Tatsache, daß keine der sogenannten repräsentativen deutschen Literatur- und Kunstinstitutionen Prags die traurige Gelegenheit wahrgenommen hatte, am Grabe des bedeutendsten deutschen Prosadichters, den Prag hervorgebracht hat, wenigstens äußerlich das Wissen um die Existenz seines unvergänglichen Lebenswerkes zu bekunden […] An seinem Grabe wurde man der trostlosen Situation deutschen Kunstschaffens in unserer Heimat gewahr. Sein Werk jedoch wird die Generationen überdauern, trotz der Nichtexistenz einer literarischen Generation, die sich zu diesem Edelsten bekennen dürfte.“

(Quelle: Jürgen Born, „Franz Kafka. Kritik und Rezeption 1924 – 1938“, Frankfurt/Main 1983)

Otto Pick (1887 – 1940), ein deutscher Schriftsteller in Prag, der für kurze Zeit zum Künstlerkreis von Max Brod, Franz Kafka und Franz Werfel gehörte, ist heute vermutlich nur noch wenigen bekannt, aber mit seiner Einschätzung über den Nachruhm von Franz Kafka lag er goldrichtig.