
Kafka geht ins Konzert
Am 5. April 1905 schreibt Franz Kafka an seinen Freund Max Brod auf einer Postkarte diese wenigen Worte:
„Es ist heute Kammermusik und ich gehe hin. Bitte, verzeih mir; die „Ethik“ bringe ich Dir Samstag
Dein
Franz K.“
(Franz Kafka, Briefe 1900 – 1912, Frankfurt/Main 1999, S. 42)
„Kafka und die Musik“ – dies ist ein ganz besonderes Thema und ein ein ebenso besonderes Verhältnis, was Steffen Höhne und Alice Stašková als Herausgeber im gleichnamigen Buch eindrucksvoll hervorheben. Aber was ist das besondere an der obigen Postkarte?
Musik spielt im Leben und auch im Werk von Franz Kafka nur eine untergeordnete Rolle – eine große Ausnahme bildet die späte Erzählung „Josefine, die Sängerin. Oder das Volk der Mäuse“. Unter Kafkas Freunden und Bekannten war es ganz besonders Max Brod, seines Zeichen selber studierter Musiker und virtuoser Klavierspieler, der mutmaßlich vergeblich versuchte, Franz Kafka für die Musik zu begeistern und der es war, der Kafka zu Konzerten und Opernaufführungen mitnahm. Hier ist also eine der wenigen dokumentierten Ausnahmen, in denen Kafka alleine eine musikalische Aufführung besuchte und offensichtlich hatte er auch direkt das Bedürfnis, sich dafür bei seinem Freund zu entschuldigen.
Kafka besuchte an diesem Tag sehr wahrscheinlich das „vierte Konzert für die Mitglieder des Deutschen Kammermusikvereins“ im Prager Rudolphinum und hörte Brahms, Beethoven, Mozart und Haydn. Dieses Konzert war das einzige, das für den 5. April 1905 angekündigt war und ebenso das einzige von dem am am 5. April 1905 in der Prager Presse berichtet wurde.