Viele Kurzbiographien erwecken den Eindruck, dass Kafka nicht oder nur begrenzt über die Prager Altstadt hinausgekommen ist, doch ist dies so nicht richtig.

Franz Kafka war zwar kein Weltenbummler, denn dazu fehlte ihm sowohl die Zeit als auch das Geld und dennoch reiste er gerne und viel. Schon als junger Mann war er direkt nach bestandenem Abitur auf Helgoland und Norderney – eine Reise, die ihm von seiner Familie finanziert wurde. Er machte Reisen nach Berlin und Paris und lernte somit die viert- und drittgrößte Stadt der Welt (nach New York und London) kennen. Er war an der Ostsee und Nordsee, er machte Reisen nach Wien und Italien und war ebenso in Tschechien und Böhmen unterwegs. Er war auf Dienstreisen, machte Urlaube und begab sich zu Kuraufenthalten in verschiedene Observatorien.

Insbesondere mit seinem lebenslangen Freund Max Brod machte Franz Kafka einige Reisen, z.B. 1909 nach Norditalien und Paris, 1910 wieder nach Paris, 1912 nach Weimar und andere. Das Verkehrsmittel der Wahl ist zu dieser Zeit stets die Eisenbahn, die Kafka durch Tschechien, Böhmen, Deutschland, Dänemark, Frankreich, Ungarn und Norditalien fährt. Als fleißiger Briefeschreiber verfaßt Kafka auch zahlreiche Briefe und versendet Postkarten aus seinen Urlaubs- und Kuraufenthalten, die zu einem großen Teil erhalten sind und kommentiert im Fischer-Verlag in fünf Bänden herausgegeben werden.

Gemessen an heutigen Verhältnissen hat Franz Kafka nicht viel von der Welt gesehen, für die Umstände um 1900 herum jedoch ist er ein viel gereister Mann. Die Mehrheit der Prager konnten sich solche Reisen weder zeitlich noch finanziell leisten.