Am 8. März 1912 notiert Franz Kafka in sein Tagebuch:

„Vorgestern Vorwürfe wegen der Fabrik bekommen. Eine Stunde dann auf dem Kanapee über Aus-dem-Fenster-springen nachgedacht.“

(Franz Kafka, Tagebücher)

Viele Biographen sehen in solchen Äußerungen Kafkas ein Zeichen seiner Depression und unterstellen Franz Kafka hier und an anderen Stellen ernsthafte Selbstmordgedanken, die er aber – so denke ich – nicht wirklich hatte, denn in einem Brief an Max Brod vom 7./8. Oktober 1912 schreibt Kafka durchaus ironisch:

„Aber ich habe mich doch die ganze Zeit über zu fest gefühlt, als daß mir der Entschluß, mich auf dem Pflaster zu zerschlagen, in die richtige entscheidende Tiefe hätte dringen können. Es schien mir auch, daß das am Lebenbleiben mein Schreiben – selbst wenn man nur, nur vom Unterbrechen spricht – weniger unterbricht, als der Tod […]“

Dass Kafka unter einer Angststörung und auch unter Depressionen litt, ist heute allgemein anerkannt und dennoch glaube ich nicht, dass er ernsthafte Selbstmordtendenzen hatte, sondern dass er mit solchen Äußerungen eher seine Hilflosigkeit zum Ausdruck bringt, den entsprechenden Situationen nicht entkommen zu können glaubt.