Franz Kafka war ein fleißiger Briefeschreiber, insgesamt wissen wir von über 1.700 Briefen, die in der hervorragenden kommentierten Ausgabe im Fischer Verlag dokumentiert sind.

Allerdings war Franz Kafka auch ein ungeduldiger Briefeempfänger, der seinen Adressaten auch gerne mal Vorwürfe machte, dass sie ihm doch schreiben sollen. So schrieb er am 5. November 1902 – vielleicht ironisch – an seinen Freund Paul Kisch, der für ein Semester in München Germanistik studierte:

„Wenn einer verschüttet ist zwischen Pandekten und Institutionen, dann kann es einmal geschehn, daß es mit der Antwort auf eine Karte zu spät wird. Darum soll man versprochene Briefen ihm nicht vorenthalten wenn man ein pandektenfreies Leben hat.
So meint es der 
Franz“

Franz Kafka hatte sich zum Wintersemester 1902 erneut für Jura eingeschrieben und belegte „Pandekten Erbrecht“ und „Pandekten Obligationsrecht“, das pandektenfreie Leben führte also Paul Kisch.

Heute sind Briefe leider etwas aus der Mode gekommen. Vielleicht kennt der ein oder andere das Phänomen, wie sehr man sich doch über Postkarten aus dem Urlaub freut, aber selber gar keine mehr schreibt. Am 29. Mai 1920 schrieb Kafka in einer Nachschrift an Milena:

„Was meinen Sie? kann ich noch bis Sonntag einen Brief bekommen? Möglich wäre es schon. Aber es ist unsinnig diese List an Briefen. Genügt nicht ein einziger, genügt nicht ein Wissen? Gewiß genügt es, aber trotzdem lehnt man sich weit zurück und trinkt die Briefe und weiß nichts als daß man nicht aufhören will zu trinken.“

Wie Kafka ungeduldig auf die Briefe seiner Verlobten Felice Bauer wartet, habe ich bereits hier beschrieben.

Quellen:

  • Franz Kafka, Briefe 1900 – 1912, Frankfurt/Main 1999
  • Franz Kafka, Briefe an Milena, Frankfurt/Main 1986, 14. Auflage 2011