Kafka hat es schon in den frühen siebziger Jahren geschafft als Limerick verewigt zu werden – dies ist sicherlich keine ruhmreiche Leistung, aber durchaus interessant ist der Umstand wie dies zustande gekommen ist, dass dieser Limerick – zumindest unter deutschsprachigen „Kafka-Fans“ und auch Literaturwissenschaftlern heute durchaus noch verbreitet ist.
Die mündliche Überlieferung des Limericks lautet:
There was a young man of Newcastle
Who thought of himself as a parcel.
Tied up with red tape
And addressed for a jape
C.o.d., c/o Kafka, The Castle.
Zur Erläuterung sei hier erwähnt, dass „for a jape“ zum Spaß bedeutet, „the red tape„, also die rote Schnur, für den Amtschimmel steht und „c.o.d“ cash on delivery, also Bezahlung bei Lieferung bedeutet.
Diese Limerick findet sich erstmalig 1973 in der deutschen Literatur in dem von Heinz Politzer herausgegebenen Band 322 „Franz Kafka“ der Reihe „Wege der Forschung“. In seiner Einleitung baut Politzer eine Brücke vom „rätselhaften Kafka“ zu diesem rätselhaften Limerick.
Da Heinz Politzer seit den 30er Jahren zu den bedeutendsten deutschsprachigen Kafka-Forscher gehörte – er stand in engen Kontakt zu Max Brod, war Mitherausgeber der ersten Gesamtwerkausgabe im Schocken-Verlag, war als Literaturwissenschaftler ein ausgewiesener Kafkaexperte und machte ab 1947 Kafka in den USA bekannt – so hatte seine Stimme und auch seine Sekundärliteratur zu Kafka ein gehöriges Gewicht, dass zu einer weiten Verbreitung seiner Worte führte.