Der deutsche Schriftsteller und Humanist Herbert Eulenberg (1876 – 1949) fragte im Jahr 1928 verschiedene Verleger nach deren größten Misserfolgen im Verlagswesen. Hierauf antwortete Kurt Wolff (1887 – 1963), erster und bedeutendster Verleger der Werke von Franz Kafka:

„Die Bücher des großen Dichters Franz Kafka waren geschäftlich der größte Mißerfolg – trotz fabelhafter Besprechungen führender deutscher Geister und trotz Ludwig Hardts Vortragskunst.“

(Jürgen Born, Franz Kafka. Kritik und Rezeption zu seinen Lebzeiten, Frankfurt/Main 1979, S. 185)

Kurt Wolff glaubte jedoch an seinen Autor und die obige Aussage bezieht sich auf die rein monetären Aspekte. Schon am 3. November 1921 schrieb Kurt Wolff an seinen Autor Franz Kafka:

„Unser Briefaustausch ist selten und spärlich. Keiner der Autoren, mit denen wir in Verbindung stehen, tritt so selten mit Wünschen oder Fragen an uns heran wie Sie und bei keinem haben wir das Gefühl, daß ihm das äußere Schicksal der veröffentlichten Bücher so gleichgültig sei wie Ihnen. Da scheint es wohl angebracht, wenn der Verleger von Zeit zu Zeit dem Autor sagt, daß diese Teilnahmslosigkeit des Autors am Schicksal der Bücher den Verleger nicht in seinem Glauben und Vertrauen an die besondere Qualität der Publikationen beirrt. Aus aufrichtigem Herzen kommt mir die Versicherung, daß ich persönlich kaum zu zwei, dreien der Dichter, die wir vertreten und an die Öffentlichkeit bringen dürfen, innerlich ein so leidenschaftliches starkes Verhältnis habe wie zu Ihnen und Ihrem Schaffen.
Sie dürfen die äußeren Erfolge, die wir mit Ihren Büchern erzielen nicht als Maßstab der Arbeit, die wir an den vertrieb wenden, nehmen. Sie und wir wissen, daß es gemeinhin gerade die besten und wertvollsten Dinge sind, die ihr Echo nicht sofort, sondern erst später finden, und wir haben noch den Glauben an die deutschen Leserschichten, daß sie einmal die Aufnahmefähigkeit haben werden, die diese Bücher verdienen […]
Jedes Manuskript, zu dessen Übersendung an uns Sie sich entschließen können, wird willkommen sein und mit Liebe und Sorgfalt in Buchform veröffentlich werden.“

Kurt Wolff unterstützte Franz Kafka zeitlebens, auch als er am Ende seines Lebens vom Kurt Wolff Verlag in München zum Verlag Die Schmiede in Berlin wechselte, in dem Ende 1924 die Sammlung „Ein Hungerkünstler“ erschien.

Dass Kafka kein Interesse an seinen veröffentlichten Werken hat, ist übrigens ein Mythos, der sich hartnäckig hält. Neben Passagen aus Kafkas Briefen, die zeigen, das er selbst an diesem Mythos nicht ganz unbeteiligt war, gibt es aber auch ganz andere Zeugnisse, wie unter anderem der folgende Brief vom 15. Oktober 1913 zeigt:

„An den Verlag Kurt Wolf!
Wie ich höre, soll vor etwa 14 Tagen (abgesehen von den Besprechungen des Heizers in der Neuen Freien Press; die kenne ich) noch in einem anderen Wiener Blatte, ich glaube, in der Wiener Allgemeinen Zeitung“ eine Besprechung erschienen sein. Falls Sie sie kennen, bitte ich Sie, so freundlich zu sein und mir Namen, Nummer und Datum des Blattes anzugeben.
Hochachtungsvoll
Dr. Franz Kafka“

Quellen:

  • Jürgen Born, Franz Kafka. Kritik und Rezeption zu seinen Lebzeiten, Frankfurt/Main 1979
  • Hans-Gerd Koch, Als Kafka mir entgegenkam…, Berlin 2013
  • Franz Kafka, Briefe 1913 – 1914, Frankfurt/Main 1999