Die Inszenierung von Pinar Karabulut „Der Prozess“ im Kölner Schauspiel feierte bereits am 30. November 2023 Premiere und bietet über knapp zwei Stunden und ohne Pause eine rasante und bewegende Interpretation von Kafkas berühmtesten Werk in Form eines … ja was ist es denn eigentlich? Es ist kein Theaterstück im klassischen Sinne, als dass wir hier Szenen und Dialoge von Schauspielern vorgetragen bekämen. Aber es ist auch keine reine Performance und auch kein für die Bühne adaptiertes Schauspiel und schon mal recht keine Lesung. Vielleicht ist es eine Mischung von allem, die es damit auch so attraktiv macht, und in jedem Fall ist es ein Abend, der einen in den Bann von Kafkas Welt und Sprache zu ziehen vermag.
Sechs Schauspieler und Schauspielerinnen, alle in den gleichen roten Anzügen, nehmen verschiedene Rollen ein und alle sind mal Josef K. oder könnten es zumindest sein. Anhand von sorgfältig ausgewählten Textauszügen, die während des Spiels rezitiert werden, werden wir durch Kafkas Romanfragment geführt und erfahren dabei auch immer wieder, dass viele dieser Textauszüge unvollendet blieben und dass auch die Reihenfolge nicht gesichert ist. Das Spiel findet auf der Bühne, in Videofilmen, mittels „Pantomime“, im Dialog und durch rezitierte Texte statt. Bühnenbild, Ton, Licht, Dramaturgie und vor allem die Performance der Schauspielerinnen und Schauspieler ziehen die Zuschauer in den Bann – es ist ein grandioses Theaterereignis, das es schafft Gänsehaut zu produzieren und Kafkas Prozess nochmals in einem, nicht unbedingt neuen, aber einem außergewöhnlichen Blickwinkel ins Licht stellt.

Der Theaterabend ist im wahrsten Sinne bewegend: die Schauspieler sind ständig in Bewegung, selbst in der Starre bewegen sich Hände oder es werden Worte geflüstert und viele der Szenen und Zitate berühren die Zuschauer. Pinar Karabulut und ihr Team bietet viele Ansätze den Fragen von Macht und Ohnmacht, Schuld und Unschuld, Recht und Unrecht auf den Grund zu gehen ohne eine starre Interpretation vorzugeben.
Die nächste Aufführung findet am 15. März 2025 statt und darf auf keinen Fall versäumt werden.