Die Rückverwandlung des Gregor Samsa
Am 15. Oktober 1895 – heute vor 130 Jahren – wurde Karl Müller geboren, der später unter seinem Schriftstellerpseudonym Karl Brand, eine kurze Fortsetzung unter dem Titel „Die Rückverwandlung des Gregor Samsa“ zu Franz Kafkas „Die Verwandlung“ verfasste und am 11. Juni 1916 im Prager Tagblatt veröffentlichte.
Karl Brand ist heute einer der vergessenen Prager Autoren aus der Zeit um 1900. Er stammte aus sehr armen Verhältnissen, zog mit seiner Familie 1896 nach Prag, wo er 1917 an den Folgen einer schweren Lungentuberkulose verstarb. Er hat nur sehr wenig an expressionistischer Lyrik und kurzen Texten veröffentlicht, das meiste im Prager Abendblatt und einiges im Nachlass 1920 von Johannes Urzidil posthum herausgegeben in einem kleinen Bändchen „Karl Brand, Das Vermächtnis eines Jünglings“. Kafka und er sind sich sehr wahrscheinlich des öfteren begegnet und die Rückverwandlung wird Kafka auch sehr wahrscheinlich im Prager Tagblatt gelesen haben. Karl Brand war mit Franz Werfel und Johannes Urzidil des öfteren Gast im Cafe Arco, wo er laut der Erinnerungen von Johannes Urzidil auch auf Kafka traf.
„Als Brand noch beweglich war […] war ich oft mit ihm spazierengegangen und hatte ihn auch meistens aus dem Café Arco durch die Altstadt und über die figurenbeschmückte Karlsbrücke heimbegleitet […] Physisch war Kafka an jenem Kaffeehaustisch, an dem er mit Brand gesessen war, zwar so ziemlich der älteste, aber er zählte damals (1913 – 1918) selbst erst dreißig bis fünfunddreißig Jahre.“
(Johannes Urzidil, Da geht Kafka, Berlin 2023, S. 79ff)
Harald Neumeyer hat in seinem Portrait „Karl Brand (1895 – 1917)“ im Sammelband „Franz Kafkas literarisches Umfeld in Prag“ ein angemessenes Denkmal gesetzt, das sehr lesenswert ist und sowohl Brands Leben, sein knappes Werk und seine Stellung zu Kafka würdigt.